Umsatzsteuer | „Teilvermögensveräußerung“ weiter zu fassen als der einkommensteuerliche Begriff der „Teilbetriebsveräußerung“

erstellt am 21.07.2013 von Harald Miltz

Eine „Teilvermögensveräußerung“ unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Sie stellt nicht auf die Verhältnisse beim Veräußerer ab, so dass es sich bei ihm auch nicht um einen organisatorisch selbstständigen Unternehmensteil handeln muss. Entscheidend ist, dass der Erwerber mit dem an ihn veräußerten Teilvermögen ein selbstständiges Unternehmen fortführen kann.
Maßgeblich für die umsatzsteuerrechtliche Begriffsbestimmung ist die EU-weit anzuwendende Mehrwertsteuerrichtlinie. Aus diesem Grund kann der einkommensteuerrechtliche Begriff des „Teilbetriebs“ oder der des „in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs im Ganzen“ im Sinne der Abgabenordnung nicht zur Beurteilung einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung herangezogen werden. Auch der Umsatzsteueranwendungserlass ist insoweit überholt, als er auf die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer und eine äußere Erkennbarkeit des in sich geschlossenen Wirtschaftsgebildes abstellt.

Die vorstehenden Grundsätze ergeben sich aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs. In dem zu entscheidenden Fall hatte eine AG ein Erbbaurecht mit der Verpflichtung erworben, das bestehende Mietverhältnis mit einer GmbH zu übernehmen. Diese betrieb dort ein Reha-Zentrum. Nur ein Jahr später veräußerte die AG das Erbbaurecht ohne Umsatzsteuerausweis an eine KG, die dann auch das Erbbaurechtsgrundstück von dem Grundstückseigentümer erwarb. Danach schloss sie mit dem bisherigen Mieter einen langfristigen Mietvertrag ab. Sie führte die Verpachtung des Reha-Zentrums mit der GmbH im Wesentlichen fort. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Veräußerungsvorgang bei der AG zu einer Vorsteuerkorrektur führe. Ein Erbbaurecht könne einem Grundstück nicht gleich gestellt werden. Aus diesem Grund handele es sich bei dem Veräußerungsvorgang der AG auch nicht um eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen.

Der Bundesfinanzhof ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Die Veräußerung des Erbbaurechts nebst aufstehendem Reha-Zentrum ist als Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht umsatzsteuerbar.

Quelle:
BFH, Urt. v. 29.8.2012, XI R 10/12, DStR 2013, S. 250, BFH/NV 2013, S. 484
Art 5 Abs. 8 der RL 77/388/EWG, jetzt Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL)
BFH, Urt. v. 19.12.2012, XI R 38/10, DStR 2013, S. 585, DB 2013, S. 680