Steuerrecht -> Dienstwagen | Arbeitsweg-Zuschlag nur bei tatsächlicher Kfz-Benutzung

erstellt am 01.01.2011 von Harald Miltz

Die 0,03 %-Zuschlagsregelung in § 8 Abs. 2 S. 3 EStG bei Dienstwagennutzungen stellt nur einen Korrekturposten für abziehbare aber nicht entstandene Erwerbsaufwendungen dar. Sie kommt daher nur dann und insoweit zur Anwendung, wie der Dienstwagen tatsächlich für solche Fahrten genutzt wurde (BFH, Urteile v. 22.9.2010 - VI R 54/09, VI R 55/09, VI R 57/09; veröffentlicht am 22.4.2010).
Wird der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines Dienstwagens typisierend mit der 1 %-Regelung besteuert, so erhöht sich der so ermittelte Betrag um monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug auch dafür genutzt werden kann.

Der BFH hat mit drei Urteilen vom 22.9. 2010 seine Rechtsprechung vom April 2008 bestätigt:

Sachverhalt: In den Streitfällen VI R 55/09 und VI R 57/09 hatten die Arbeitnehmer jeweils einen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzbaren Dienstwagen vom Arbeitgeber zur Verfügung. Während allerdings das Finanzamt auf Grundlage von Nichtanwendungsschreiben die Rechtsprechung des BFH vom April 2008 nicht angewandt und stattdessen als Einnahmen jeweils monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreis der Fahrzeuge für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesetzt hatte, berücksichtigte der BFH, wie schon die Vorinstanz, den Zuschlag nur nach der Anzahl der tatsächlich zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführten Fahrten und gelangten so zu entsprechend geringeren Zuschlägen.

Der BFH teilte in seiner Entscheidung VI R 57/09 insbesondere nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, dass diese Auslegung die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite. Entscheidend dafür ist insbesondere, dass die 1 %-Regelung für Arbeitnehmer ohnehin nur in entsprechender Anwendung der für Gewinneinkünfte geltenden Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gilt, es für diesen Bereich aber keine Zuschlagsregelung sondern nur eine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs gibt. Dann aber entspricht es dem Gleichbehandlungsgebot und dem Gebot der Folgerichtigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auch bei Arbeitnehmern der Zuschlagsregelung lediglich die Funktion beizumessen, den Werbungskostenabzug zu begrenzen. Im Urteil VI R 57/09 entschied der BFH weiter, dass diese Zuschlagsregelung auch nicht formell verfassungswidrig sei, obwohl diese Regelung im Jahressteuergesetz 1996 erst nach Anrufung des Vermittlungsausschusses auf Grundlage der Beschlussempfehlungen dieses Gremiums zustande gekommen war und das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen u. a. vorgebracht hatte, dass deshalb eine detaillierte Dokumentation des historischen gesetzgeberischen Willens dazu fehle.

Sachverhalt: Im Streitfall VI R 54/09 hatte der Arbeitnehmer eine ihm von seinem Arbeitgeber überlassene Dienstwohnung in B. Diese umfasste auch zwei vom Arbeitgeber ausgestattete und zur Erledigung dienstlicher Aufgaben dienende Räume. An rund 60 Tagen im Jahr suchte der Arbeitnehmer den 49 km entfernt gelegenen Sitz seines Arbeitgebers in C auf. Dazu stand ihm ein Dienstwagen samt Chauffeur zur Verfügung. Der Kläger machte mit Klage und Revision geltend, dass die Fahrten von B nach C keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sondern solche zwischen zwei Betriebsstätten des Arbeitgebers seien, so dass dafür die 0,03 %-Zuschlagsregelung überhaupt nicht anzuwenden sei.

Dazu führt der BFH weiter aus: Der BFH schloss sich hier zwar nicht der Rechtsauffassung des Klägers an, dass die beruflich genutzten Räume in der Wohnung als Betriebsstätte des Arbeitgebers anzusehen seien. Er setzte allerdings auch hier die Zuschlagsregelung nur im Umfang der tatsächlich durchgeführten Fahrten an. Allerdings verneinte er für den Streitfall einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil aus der Fahrergestellung, weil Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich beruflich veranlasste Fahrten sind. Denn würde der Arbeitnehmer die Aufwendungen für den Chauffeur seinem Arbeitgeber erstatten, so könnte er diese Aufwendungen zugleich als Werbungskosten abziehen. Insoweit saldierten sich Einnahmen und Erwerbsaufwendungen. In den Streitjahren (1998 bis 2000) gab es noch keine mit § 9 Abs. 2 EStG vergleichbare Regelung, wonach die Entfernungspauschale alle Aufwendungen abgilt, die durch Wege zwischen Wohnung und regelmäßige Arbeitsstätte veranlasst sind.

Quelle: BFH, Pressemitteilung 108/2010

Anmerkungen: Der Lohnsteuersenat hat unter Beteiligung des BMF recht zügig zum zweiten Mal über die Frage nach dem Zweck der Zuschlagsregelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG entschieden und damit dem Nichtanwendungsschreiben des BMF v. 23.10.2008 zunächst den Boden entzogen. Es bleibt nun abzuwarten, wie das BMF oder aber auch der Gesetzgeber hierauf reagiert. Denn der Zuschlag könnte ja entfallen, wenn die Entfernungspauschale nur gewährt würde, falls dem Steuerpflichtigen tatsächlich Aufwendungen entstanden sind.