Steuerrecht -> Aufwendungen für eine Berufsausbildung

erstellt am 23.09.2011 von Harald Miltz

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei Urteilen vom 28. Juli 2011 entschieden, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Studium nach geltender Rechtslage als Werbungskosten steuerlich anzuerkennen sein können.
In den entschiedenen Fällen hatten die Steuerpflichtigen versucht, Aufwendungen für ihre Berufsausbildung beziehungsweise ihr Studium als vorweggenommene Werbungskosten geltend zu machen. Sie beantragten beim Finanzamt jeweils eine entsprechende Verlustfeststellung. Die Steuerverwaltung lehnte diese Anträge unter Hinweis auf die seit 2004 geltende Regelung des § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab, nach der Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium nicht geltend gemacht werden können, soweit sie nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstanden sind.

Nachdem die Finanzgerichte die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung bestätigt hatten, legten die betroffenen Steuerpflichtigen beim BFH Revision ein. In den Revisionsverfahren hat der BFH nun entschieden, dass die Finanzgerichte unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung neu zu entscheiden haben. Das heißt konkret, dass die Finanzgerichte im Einzelfall prüfen müssen, ob und welche Aufwendungen der Kläger jeweils nach den geltenden Grundsätzen zum Werbungskostenabzug steuerlich absetzbar sein können.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) prüft nunmehr die gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Eckpunkte, die der BFH in seinem Urteil vorgegeben hat.

So hat der BFH insbesondere klargestellt, dass nach derzeit geltender Rechtslage beruflich veranlasste Aufwendungen dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten sind. Ein solcher Veranlassungszusammenhang sei regelmäßig gegeben, wenn die erstmalige Berufsausbildung Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist.

Bis der Gesetzgeber das Einkommensteuergesetz entsprechend der BFH-Rechtsprechung abändert, sollte in entsprechenden Fällen der Abzug als Werbungskosten beantragt werden und im zu erwartenden Falle der Nichtberücksichtigung Einspruch gegen den ablehnenden Steuerbescheid eingelegt werden.

Die entstandenen Berufsausbildungskosten müssen im Jahr der Bezahlung in die Anlagen N, G oder S eingetragen werden, nicht erst dann, wenn verrechenbare Einnahmen vorliegen. Sofern - wie in beiden Urteilsfällen - keine steuerpflichtigen Einnahmen anfallen, lässt sich über die Einkommensteuererklärung eine Verlustfeststellung für die Zukunft beantragen.

Wurde bislang noch keine Steuererklärung abgegeben, kann dies bei Arbeitnehmern rückwirkend für mindestens vier Jahre erfolgen. Bis zum Ablauf des Jahres 2011 kann daher noch die Einkommensteuererklärung für 2007 nachgereicht werden.

Quelle: Der Artikel ist als Editorial im mitax-update September 2011 erschienen.