Einkommensteuer | Ist die sog. Reichensteuer teilweise verfassungswidrig?
erstellt am 04.03.2013 von Harald Miltz
Das Finanzgericht Düsseldorf ist davon überzeugt, dass die Reichensteuer insoweit verfassungswidrig ist, als der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 % gleichzeitig eine auf Gewinneinkünfte beschränkte Tarifbegrenzung (Entlastungsbetrag) eingeführt hat. Aus diesem Grund hat er sich zur Klärung der Frage an das Bundesverfassungsgericht gewandt (FG Düsseldorf, Beschluss v. 14.12.2012 - 1 K 2309/09 E).
Ab einem zu versteuernden Einkommen von derzeitig 250.731 € für Ledige bzw. ab 501.462 € bei Zusammenveranlagung beträgt der Spitzensteuersatz 45 %. Dieser Steuersatz galt im Veranlagungszeitraum 2007 allerdings nicht für die Gewinneinkünfte. Diese Regelung wurde damit begründet, dass zum 01.01.2008 eine Unternehmenssteuerreform in Kraft trat (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG a.F., § 32 c EStG a.F.).
Im Streitfall bezog ein Arbeitnehmer im Veranlagungsjahr 2007 ein Gehalt von über 1,5 Mio. €. Das Finanzamt unterwarf die betreffenden Einkünfte dem für Einkommen über 250.000 € (Ledige) bzw. 500.000 € (Verheiratete) geltenden Spitzensteuersatz von 45 %. Dagegen wandte sich der Arbeitnehmer und machte eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung geltend, da selbständige Unternehmer und Freiberufler, die gleich hohe Einkünfte erzielten, lediglich nur dem Spitzensteuersatz von 42 % unterlägen.
Hierzu führte das Finanzgericht Düsseldorf weiter aus:
§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG a.F. i. V. m. § 32c EStG a.F. verstoßen nach der Überzeugung des Senats gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, da diese Regelungen in ihrem Zusammenspiel bewirken, dass die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 % im Veranlagungszeitraum 2007 nur die Überschusseinkünfte betrifft, während die Gewinneinkünfte hiervon ausgenommen werden.
Eine verfassungskonforme Auslegung der Regelungen dahingehend, dass Bezieher von Gewinneinkünften einerseits und Bezieher von Überschusseinkünften andererseits unterschiedlichen Tarifverläufen unterliegen, ist nicht möglich.
Im Streitfall scheitert die verfassungskonforme Auslegung an dem klaren gesetzgeberischen Willen, Gewinneinkünfte von der Erhöhung des Spitzensteuersatzes um 3 Prozentpunkte auszunehmen, weil diese mit einem spezifisch unternehmerischen Risiko behaftet seien (vgl. BT-Drucksache 16/1545, S. 15).
Anmerkungen: Es ist nunmehr Aufgabe des BVerfG, über die Verfassungsmäßigkeit der “Reichensteuer“ im Jahr 2007 zu entscheiden. Sollte die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht gegeben sein, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber eine günstige Regelung schafft und etwa zu einem einheitlichen Spitzensteuersatz von 42 % zurückkehrt. Liegt ein Gleichheitsverstoß vor hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit jedoch verschiedene Möglichkeiten, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. In diesem Fall müsste das Klageverfahren bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber ausgesetzt werden.