Abgabenordnung -> Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte gem. § 89 AO ist nicht verfassungswidrig

erstellt am 07.05.2011 von Harald Miltz

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 30. März 2011 I R 61/10 entschieden, dass die gesetzliche Gebührenpflicht für die Bearbeitung von Anträgen auf verbindliche Auskünfte durch die Finanzämter nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Richtet sich die Höhe der Gebühr nach der vom Finanzamt für die Bearbeitung des Antrags aufgewendeten Zeit, kann sie im Einzelfall auch besonders hoch ausfallen (im Streitfall: 91.456 €), ohne verfassungswidrig zu sein.
Sachverhalt: Das Verfahren zur Erteilung verbindlicher Auskünfte über die steuerliche Beurteilung noch nicht verwirklichter Sachverhalte wurde im Jahr 2006 in § 89 der Abgabenordnung erstmals gesetzlich geregelt. Für die Bearbeitung entsprechender Auskunftsanträge werden seitdem Gebühren erhoben, die sich nach dem Wert berechnen, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat; die Gebühren für diesen Gegenstandswert bestimmen sich nach den entsprechenden Gerichtskosten. Ersatzweise wird eine Zeitgebühr von 50 € je angefangene Stunde angesetzt, also nach der aufgewendeten Zeit berechnet.

Die neu geschaffene Auskunftsgebühr sah sich von vornherein beträchtlichen rechtspolitischen, aber auch verfassungsrechtlichen Zweifeln ausgesetzt. Die Antragsgegner trugen vor, das Steuerrecht sei derart kompliziert, dass die Finanzverwaltung gehalten sei, gebührenfrei über einschlägige Anfragen der Steuerpflichtigen Auskunft zu erteilen.

Diese verfassungsrechtlichen Bedenken hält der Bundesfinanzhof im Ergebnis nicht für überzeugend. Mit den Auskünften seien für die Steuerpflichtigen besondere Vorteile bereits im Vorfeld von Steuergestaltungen verbunden. Insofern sei die Finanzverwaltung nicht verpflichtet, solche Vorteile ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen. Der Senat teilt nicht die Auffassung, die Gebührenpflicht sei deshalb sachlich nicht gerechtfertigt, weil der Staat als Gesetzgeber selbst für das komplizierte und unsystematische Steuerrecht verantwortlich sei.

Die vom Bundesfinanzhof konkret entschiedenen Fälle betrafen Auskünfte über die steuerlichen Auswirkungen geplanter Umstrukturierungen von Unternehmen.

Fazit: Nicht nur die nunmehr bestätigte verfassungskonforme Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte der Finanzverwaltung sollte den Steuerpflichtigen nachdenklich stimmen, sich die Auswirkungen eines steuerlichen Sachverhaltes durch die Finanzverwaltung im Vorfeld bestätigen und absegnen zu lassen.

Quelle: BFH-Urteil vom 30.3.2011, I R 61/10 und BFH-Urteil vom 30.3.2011, I B 136/10 ; veröffentlicht am 4.5.2011